Ich fand uns wirklich im Herbst, in der Phase zwischen Oktober und November, wirklich einige Wochen bärenstark. Nach dem Sieg gegen Emden habe ich glaube ich damals geschrieben, dass es wohl definitiv keine bessere Mannschaft als unsere in der Liga gibt. Ich habe absolut keine Ahnung, was seitdem passiert ist, aber es ist inzwischen einfach glasklar zu konstatieren, dass davon schlichtweg nichts mehr übrig geblieben ist und alle Äußerungen und Zielsetzungen um Welten verfehlt worden sind und in dieser Saison von sämtlichen Handlungsträgern eine Vielzahl kolossal falscher Entscheidungen getroffen worden ist.
Vrzogic muss schlicht und ergreifend damit leben, dass ihm jeder einzelne seiner Sätze bei der Traininerentlassung Alipours und der Inthronisierung Beniermanns inzwischen täglich im Überschwang um die Ohren gehauen wird. Völlig zurecht einfach. Wir haben unter Alipour nach schwierigem Start eine brutal starke Saison gespielt, mit dem beinahe Maximum an Erfolg, was theoretisch möglich gewesen wäre. Das Ganze mit einem Kader, der nahezu die komplette Spielzeit über gewaltig auf Kante genäht war und bei dem Woche für Woche die Bank mit mehreren Spielern aus der zweiten Mannschaft sowie zwei Torhütern (darunter Domaschke) und Puttkammer bestückt war, damit der Spielberichtsbogen wenigstens einigermaßen gefüllt war. Die Akteure aus der zweiten Mannschaft mussten regelmäßig mitspielen, weil keine Alternativen zum Wechseln da waren.
Ich habe mir gerade einfach mal die Bank aus dem 1:0-Auswärtssieg beim Bremer SV letztes Jahr im Februar rausgepickt, die folgendermaßen aussah: Schmidt, Domaschke, Klöpper, Holthaus, Wessels, Golkowski, Eixler, M. Zumdieck. Demgegenüber stellen wir mal unsere heutige Bank: Schmidt, Mißner, Sprekelmeyer, Janssen, Schepp, Zenga, M. Zumdieck, L. Zumdieck, Möller. Es ist blanker Hohn, wenn bei unserer gegenwärtigen problematischen Lage von der Vereinsführung die Unerfahrenheit des Kaders angeführt wird, die man nicht unterschätzen dürfe. Wir waren im Vorjahr um Welten unerfahrener, auch wenn Akteure wie Bruno Soares und van Looy nicht mehr da sind. Die Ergebnisse waren dennoch exorbitant besser.
In der vergangenen Saison haben wir eine Vielzahl an Spielen in der Schlussphase noch ziehen können, drehen können, durch späte Tore punkten oder gewinnen können. Noch viel wichtiger ist aber: Dadurch, dass das ging, hatte man auch als Zuschauer nahezu in jedem Spiel den Eindruck: "Hier geht heute noch was. Das ist noch nicht vorbei." Diese Überzeugung, dieses Selbstverständnis besitzt nicht nur unser Team nicht mehr, das ist auch im Stadion nicht einmal mehr ansatzweise zu merken. Dieses Gefühl hatte ich schon vor der Winterpause beim 1:1 gegen Norderstedt ganz extrem, wo irgendwie ab der 60. Minute klar war, dass wir heute nicht gewinnen. Ja, wir haben jetzt einmal gegen Werder II spät gepunktet, aber das ist natürlich im Vergleich zur letzten Saison ein Treppenwitz. Ich habe schon zigmal in den vergangenen Monaten erwähnt, wie grotesk es eigentlich ist, dass wir schon (zum damaligen Zeitpunkt war das Wort "schon" dafür noch ok) neun Saisonsiege haben, aber kein einziges Spiel mit einem Tor Unterschied gewonnen haben. Daran hat sich immer noch nichts geändert. Letzte Saison haben wir neunmal (!) mit einem Tor Vorsprung gewonnen und oftmals dabei eben auch durch späte Tore. Alipour hat es dementsprechend offensichtlich geschafft, dem Team und dem Publikum eine Überzeugung einzuflößen, dass das Spiel wirklich erst vorbei ist, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Beniermann ist diesbezüglich exklatant gescheitert, viel schlimmer noch: Wir haben etliche Punkte ab der 85. Minute durch späte Gegentreffer sogar verloren. Alipour hat es übrigens auch geschafft, dass wir zum ersten und einzigen Mal seit 25 (?) Jahren ein Heimspiel gegen den VfB Oldenburg gewonnen haben - übrigens auch in einer engen, umkämpften Partie, durch ein spätes Tor.
Marek Janssen und Christopher Schepp bildeten mehrere Jahre in der Regionalliga, sowohl in Lohne als auch in Meppen, ein kongeniales Duo, das fantastisch miteinander harmoniert und sowohl einzeln aber auch gemeinsam zu den mit Abstand gefährlichsten und besten Stürmern der Liga gehört. Andere Ausrichtung hin oder her - dass der Trainer es nun nach acht Monaten im Amt immer noch nicht hingekriegt hat, die allseits bekannten Stärken der beiden zusammen in Szene zu setzen und stattdessen mittlerweile beide völlig glück- und leblos in der Luft hängen, ist ein miserables Arbeitszeugnis. Dass die Reaktion dann darin gipfelt, dass der SV Meppen (!) in einem Heimspiel (!!) gegen den SV Todesfelde (!!!) einfach beide Stürmer, die in der Saison zuvor gemeinsam 38 (!!!!) Tore erzielt hatten, auf die Bank setzt, kommt einer Bankrotterklärung gleich. Unzählige Aufstellungen und Wechsel der letzten Wochen machen für mich wirklich nicht mehr ansatzweise Sinn und wirken rat- bis planlos.
Es ist kaum zu glauben, aber der SV Meppen ist in der Regionalliga Nord inzwischen wirklich seit neun Spieltagen in Folge ohne Sieg. Ich hätte eine derartige Talfahrt niemals auch nur ansatzweise für möglich gehalten. Man ist Letzter (!) in der Auswärtstabelle und hat es nun auch noch geschafft, das Selbstverständnis vor heimischem Publikum zu zerstören. Aber vielleicht möchten die Entscheidungsträger ja als Reaktion auf die Talfahrt der vergangenen Wochen nochmal Teile des Publikums ins Gebet nehmen, die sich zwischenzeitlich mal ihrem Unmut freien Lauf lassen. Es ist nicht mehr von der Hand zu weisen, es müssen Köpfe rollen.